Sonntag, 8. März 2015

REZENSION: NACHRUF AUF DEN MOND - NATHAN FILER


9783426281246




Titel: Nachruf auf den Mond
Originaltitel: The Shock of the Fall
Verlag: Droemer Knaur
Seiten: 320
Preis: 19,99€


Erste Sätze: 

"Sie sollten wissen, dass ich kein netter Mensch bin. Manchmal bemühe ich mich, nett zu sein, aber meistens klappt es nicht."



Worum geht's?

Matt ist Patient in der psychiatrischen Klinik. Als Mittel der Therapie und auch, um dem langweiligen Alltag zu entfliehen, schreibt er die Geschichte seiner Vergangenheit auf, insbesondere auch die seines Bruders Simon, der gestorben ist, als die beiden klein waren. Doch Simon ist für ihn gar nicht wirklich tot. Er taucht immer wieder auf und spricht zu Matthew.


Meine Meinung:

Eine Geschichte, die einmal aus einer anderen Perspektive erzählt wird, nämlich aus der eines psychisch Kranken. Da ich bisher noch nichts vergleichbares gelesen habe, fand ich dies sehr spannend. Matt schreibt sozusgagen in Echtzeit, unterbricht das Schreiben also immer wieder und schreibt in unterschiedlichen Gemütsstimmungen. Man merkt den Passagen an, dass sie an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Situationen verfasst worden sind. Matts aktuelle Gegenwart hat immer auch Einflüsse auf das, was er über die Vergangenheit berichtet. Es tauchen also immer wieder Sprünge im Erzählfluss auf, was nicht zuletzt auch an Matts Krankheit liegt. Zum Teil ist dies etwas schwierig zu lesen. Dennoch behält man immer den roten Faden. Der Leser ist auch gezwungen, mitzudenken, da man sich aufgrund von Matts schizophrenen Wahrnehmungen nicht immer auf die Wahrheit des Erzählten verlassen kann.

Diese Art des Erzählens macht das ganze Buch aber auch sehr authentisch. Man kann merken, dass Nathan Filer selbst in einer psychiatrischen Klinik gearbeitet hat, wodurch er Einblicke hat in das Leben und den Alltag dort und eben auch das Verhalten und die Denkweisen psychisch Kranker authentisch ausdrücken kann. Das Buch wirkt dadurch sehr echt und die Handlung ungeschönt.

Nathan Filer zeigt, welche Auswirkungen der Tod eines geliebten Menschen hat und was dies alles bei den Angehörigen anrichten kann. Er schildert, wie eine Familie an solch einem Verlust zerbrechen kann; was es mit Eltern macht, das Kind zu verlieren, und besonders auch, was es für den verbliebenen Sohn bedeutet, nun ohne den geliebten Bruder zu leben und obdendrein mit Eltern, die dies selbst nicht verarbeiten können. Es ist unglaublich traurig und erschütternd, zu sehen, wie das Leben für die Personen gezwungenermaßen weitergeht, diese aber damit völlig überfordert sind, obwohl auch jeder relativ unterschiedlich mit seiner Trauer umgeht. Auf der einen Seite brechen Verhältnisse auseinander, auf der anderen Seite kann man jedoch zum Teil auch erkennen, wie stark Familienbande dennoch sein können.

Ich bin fasziniert von der Geschichte und besonders der ungeschönten Schilderung. Dennoch habe ich zwei Kritikpunkte, die mir das Lesen ein wenig erschwert haben. Zum einen hatte ich mit einer etwas hoffnungsvolleren Geschichte gerechnet. Dem Pluspunkt der Authentizität fällt zu Lasten, dass die Stimmung sehr erdrückend und schwer ist, was ich für das Lesen schon etwas belastend fand. Die Sunday Times hatte über das Buch geschrieben, dass es "authentisch, lustig und unendlich traurig" sei. Erstes und Letzteres kann ich vollkommen unterstreichen. Humor jedoch konnte ich nicht wirklich entdecken, was sicherlich auch dem Thema zu schulden ist.
Zum anderen hat mir ein wenig die Spannung gefehlt. Diese wird dadurch aufrechtgehalten, dass man nicht weiß, warum und wie Simon gestorben ist. Es ist nicht gerade offensichtlich, lässt sich aber ungefähr vermuten. So war es jedenfalls bei mir. Dadurch ging mir das Lesen besonders in der Mitte des Buches etwas schwerfällig von der Hand, da die Handlung recht langsam ablief.

Alles in allem hat mir das Buch aber ziemlich gut gefallen. Durch das Lesen versteht man, was Trauer ist und was ein solcher Verlust bei Menschen anrichten kann. Es fordert auf, immer auch die Geschichte hinter einem geistig-Kranken zu sehen und zu verstehen, was diesen in die Situation gebracht hat. Obwohl es sehr bedrückend ist, ist es doch ein Buch, das es sich lohnt, zu lesen!




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